Fischotter zurückgekehrt



Auch wenn es eigentlich sehr bedauerlich ist, so ist die Nachricht dennoch für viele Naturinteressierte ein Grund zur Freude. Im Oktober dieses Jahres wurde erstmals wieder das Vorkommen eines Fischotters im Werra-Meißner-Kreis nachgewiesen. Es handelt sich um einen toten Fischotter, der am Oberlauf der Wehre gefunden wurde. Das Tier ist offenbar dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen. 
Dies ist seit vielen Jahren der erste Nachweis, dass Fischotter im Werra-Meißner-Kreis vorkommen. Zuletzt hat es nur einen indirekten Hinweis auf Fischotter in unserem Kreis gegeben, als an der Sontra die Losung (der Kot) eines Otters gefunden wurde.
In Hessen galt der Fischotter seit der Mitte des 20. Jahrhunderts als ausgestorben. Die starke Verschmutzung der Fließgewässer, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte und die Fischfauna massiv beeinträchtigte, ist sicher als die Hauptursache für das Aussterben der Fischotter anzusehen. Dabei waren in den Jahrhunderten zuvor Fischotter in der Landgrafschaft Hessen-Kassel keineswegs selten und wurden von eigens beauftragten Otterjägern, die dazu besonders gezüchtete Otterhunde hielten, scharf bejagt. Man fürchtete besonders die Schäden durch Otter an den für die Ernährung der Bevölkerung wichtigen Fischzuchtteichen.
In einer umfangreichen, von Hessen-Forst in Auftrag gegebenen Untersuchung wurden dann im Jahr 2014 für Hessen wieder Ottervorkommen im Vogelsbergkreis an den Flüssen Ohm und Schwalm, sowie im Spessart an den Flüssen Jossa und Sinn im hessisch-bayrischen Grenzgebiet nachgewiesen. Bis heute haben sich diese beiden Vorkommen nicht weiter ausbreiten können, auch wenn es inzwischen aus der Wetterau Hinweise auf ein Fischottervorkommen gibt. Das hessische Umweltministerium schätzte ganz aktuell die Zahl der in Hessen lebenden Fischotter auf nur etwa 20 erwachsene Tiere. Auch im benachbarten Thüringen, wo es deutlich mehr Otter gibt, sind die Bestände an einigen Gewässern, wie beispielsweise am Oberlauf der Werra wieder rückläufig. Umso erfreulicher ist es, dass die scheuen Wassermarder nun auch den Weg in den Werra-Meißner-Kreis gefunden haben.
Es ist kaum anzunehmen, dass es sich bei dem am Oberlauf der Wehre nun tot gefundenen Otter um ein Einzeltier handelt. Vielmehr muss angenommen werden, dass an den zahlreichen, naturnahen Gewässern im Geo-Naturpark Frau-Holle-Land weitere der nachtaktiven Wassermarder leben,“ erklärte Marco Lenarduzzi, Geschäftsführer des Geo-Naturparks und im Forstamt Hessisch Lichtenau zuständig für den Naturschutz.
Tatsächlich sind viele Gewässer im Werra-Meißner-Kreis ideale Lebensräume für Otter. Sontra und Wehre, Berka, Gelster und Frieda sind naturnahe Nebenflüsse der Werra. Dass Fischotter in naturnahen Gewässern Schäden an der Fischfauna anrichten ist nicht zu erwarten. In Fischzuchtanlagen kann es zu Problemen kommen, denen die Teichwirte aber durch Präventionsmaßnahmen (Elektrozäune) begegnen können.
Dass man einen Otter zu Gesicht bekommt ist äußert unwahrscheinlich, denn die Tiere sind fast ausschließlich nachtaktiv und verschlafen den Tag. Eine der größten Gefahren für die Fischotter ist der Straßenverkehr. Leider vermeiden es die Tiere, Bachunterführungen unter Brücken dann zu nutzen, wenn nicht die Möglichkeit besteht, die Brücke „trockenen Fußes“ auf der Uferkante, einer sogenannten Berme zu unterqueren. Bei Brücken ohne eine solche Berme laufen sie lieber über die Straße und finden dabei nicht selten den Tod. Daher muss es das Ziel bei Brückenneubauten oder Brückenreparaturen sein, solche Bermen als trockenen Uferstreifen unter der Brücke anzulegen. Diese werden dann auch von anderen Wildtieren bis hin zu Rehen und Wildschweinen genutzt. Andersartig gebaute Brücken üben eine Barriere- und Zerschneidungswirkung für die Wanderwege der Tiere aus.

Steckbrief: Fischotter Wildtier des Jahres 2021

  • Fischotter haben ein dunkelbraunes Fell, das sehr dicht und wasserabweisend ist.
  • Der Körper ist langgestreckt und schlank bei einer Körperlänge bis zu 140 cm, wovon auf den runden, spitz endenden Schwanz bis zu 50 cm entfallen.
  • Alter: bis zu 16 Jahre.
  • Das Körpergewicht liegt zwischen 5,5 und 12 kg, wobei die Weibchen deutlich leichter sind als die Männchen (Rüden)
  • Ohren und Augen sind sehr klein; auffällige Tasthaare (Vibrissen) am Maul (Fang), Backen, Augen und Vorderbeinen ermöglichen dem Otter auch die Fischjagd in trübem Wasser.
  • Die je fünf Zehen der Vorder- und Hinterfüße sind durch Schwimmhäute miteinander verbunden.
  • Lebensweise: einzelgängerisch, nachtaktiv.
  • Lebensraum: Uferbereiche naturnaher Gewässer, wobei das Streifgebiet eines Otters mehrere Kilometer umfasst.
  • Nahrung: vor allem Fische (meist Kleinfische bis zu 20 cm); außerdem Krebse, Wasservögel und deren Gelege, Mäuse und Bisamratten, aber auch Muscheln und große Insekten. 
  • Die Paarungszeit der Fischotter ist nicht an eine Jahreszeit gebunden, fällt aber meist in den Februar und den März. Nach einer Tragzeit von zwei Monaten kommen ein bis drei Junge, manchmal auch fünf Junge in einer gut versteckten Höhle zur Welt. Die Jungen werden ca. drei Monate gesäugt. Sie bleiben etwa ein Jahr bei der  Mutter. Mit zwei Jahren werden Fischotter geschlechtsreif.
  • Der Kot (die Losung) erscheint grünlich bis schwarz, meist Fischschuppen und Gräten durchsetzt und riecht stark nach Fisch.
  • Natürliche Feinde: ausgewachsenen Fischottern können nur Wolf, Luchs und Seeadler gefährlich werden. Diese haben aber keinen nennenswerten Einfluss auf die Population.

Text Dr. Jörg Brauneis

Foto Rolfes, Deutscher Jadgverband


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